Monat 1 – November 2020

Die ersten paar Tage nach der OP lag ich auf der Transplatiertenstation noch Intensiv, konnte aber nach drei Tagen schon aufstehen und ein paar Schritte gehen.

Das ist schon heftig, wie einen eine solche OP umhaut. Eine Woche vorher war ich noch auf dem Gamsjoch, 1300hm und 10 km Strecke, und jetzt schaff ich es grad mal den Statationsgang ein Mal auf und ab zu laufen. Und das nur mit je einer Schwester links und rechts zum Stützen.

Die Niere hat sofort entwässert, die Entgiftung ließ aber noch auf sich warten. Zumindest blieben die Werte, wenn auch hoch, stabil. Ein Glück war, dass ich, als ich den Intesivbereich verlassen konnte, ein Einzelzimmer bekommen habe.
Die erste Woche war schon ein echtes Elend und da ist es angenehmer, wenn man seine Ruhe hat.
Ich schaffte es nicht mal mir Grizzy und die Lemminge anzuschauen, das war mir schon zu anstrengend.
Ab der zweiten Woche ging es langsam bergauf. Ich wurde immer mobiler, es war aber alles noch ziemlich anstrengend.

Da das Mineralwasser dort ziemlich greislich schmeckte und ich ja viel trinken mußte, was mir nach 7 Jahren möglichst wenig trinken etwas schwer fiel, ließ ich mir Wasser und Spezi von Raphael vorbeibringen. Spezi konnte ich ja jetzt auch wieder ohne schlechtes Gewissen trinken.
Natürlich galt, wegen Corona, ein Besuchsverbot und Raphael mußte das Wasser und den Spezi an der Stationstüre abgeben. Als er da war hat eine Schwester gesagt, ich solle mal ums Eck kommen und „Hallo“ sagen. Mein Zimmer war das Erste zur Stationstür. Das hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Auf spätere Nachfrage meine er, mein Anblick sei erschreckend gewesen.

Mitte der zweiten Woche wurde auch der Blasenkatheter gezogen und ich konnte nach 7 Jahren das erste Mal wieder zur Toilette zum Biseln gehen. Vorbei waren die Zeiten, wo ich den ganzen Tag im Bierzelt hätte sitzen und trinken können ohne ein Mal aufstehen zu müssen. 😉
Da meine Blase sieben Jahre lang nichts mehr zu tun hatte muß sie jetzt wieder lernen, dass es mit der Faulenzerei vorbei ist. So mußte ich gefühlt alle halbe Stunde zur Toilette, auch Nachts.

An Medikamenten habe ich vermutlich alles bekommen, was die Krankenhausapotheke so im Portfolio hat. War der eine Tropf gerade leer, kam schon der Nächste. Gern auch Mehrere gleichezeitig. 😉
Leider durfte man die Station wegen der anrollenden zweiten Corona Welle nicht verlassen, daher konnte ich nur auf dem Flur der Station Auf- und Abgehen. Das war ziemlich öde und wie im Gefängnis, nur dass man sich in der Dusche gefahrlos nach der Seife bücken konnte.:-)

In der zweiten Woche hat die Niere auch angefangen zu entgiften, sicherheitshalber wurde vorher noch eine Biopsie gemacht um eine eventuelle Abstoßung rechtzeitig zu erkennen, da es mit dem Einsetzen der Entgiftung doch etwas gedauert hatte.
Das Ergebnis war jedoch negativ, Gott sei Dank.
So ging es mir jeden Tag besser und hätte nach zwei Wochen schon Heim können, wenn die Entgiftung früher angesprungen und die Werte besser gewesen wären.

Da schon feststand, dass ich am 24.11. zur Anschlußheilmaßnahme nach Bad Heilbrunn gehe, wollte ich vorher unbedingt noch zum Friseur. Ich hatte einen Termin für den 31.10. gehabt, den ich natürlich nicht wahrnehmen konnte und so war ich schon sechs Wochen ohne Haar- und Bartschnitt.

Zwei Wochen nach der OP und sechs Wochen ohne Friseur

Ich wollte aber nicht mit meiner noch sehr hohen Immunsuppression zu meinem Stammfriseur in die feuchtwarme coronageschwängerte Ladenluft, der auch noch eine Maskenbefreiung hat. So suchte ich übers Internet einen Barbier, den ich anmailen und meine Situation schildern kann, sodass ich im besten Fall einen Einzeltermin bekomme.
Anrufen und meine Geschichte erzählen kam für mich nicht in Frage. Dafür ist es in den Läden immer zu hektisch. Und ich wollte auch nicht zu einem Wald und Wiesen Frisuer, der mir am Ende noch den Bart verpfuscht, den ich so mühsam habe wachsen lassen.
Es war aber garnicht so einfach da Einen zu finden, ich habe nur das Barber House in München gefunden, das eine Webseite und dort eine E-Mailadresse angegeben hat.
So schrieb ich gleich eine Mail und habe meine Thematik geschildert.

Am nächsten Tag wurde ich auch schon von Alexander angerufen und hatte ein sehr nettes Gespräch. Er kennt sich mit Dialyse und dem Drumherum etwas aus und hatte daher Verstandnis für mein Anliegen. So bekam ich einen Termin für den 24.11. in der Früh, zu dem ich mit dem Barbier allein im Laden bin.
Ein Top Service muß ich sagen.

Am Freitag, den 20. November waren die Werte dann so gut, dass ich endlich nach Hause durfte.
Mir ging es auch ausgesprochen gut und war froh wieder daheim zu sein.

Alles in Allem muß ich sagen, dass ich in Großhadern von den Ärzten und Pflegepersonal sehr gut betreut wurde. Nach meinen Erlebnissen im Rechts der Isar als ich nach 2 Jahren PD in 2013 die Ausscheidung verlor war ich froh nach Großhadern gewechselt zu haben.
Natürlich ohne zu wissen, wie die Transplantation im Rechts der Isar dann tatsächlich gelaufen wäre.

Bei allem was ich nun außer Haus tun wollte, vor Allem Einkaufen für den dreiwöchigen Aufenthalt in Bad Heilbrunn zur Anschlußheilmaßnahme, mußte ich das mit dem Bieseln gut timen, dass ich nicht unterwegs auf irgendeine öffentliche und versiffte Toilette mußte.

Auch auf das pünktliche nehmen der Immunsuppressiva und der vielen vielen anderen Tabeletten mußte ich achten. An der Dialyse hatte ich, außer Phosphatbinder, gar keine Medikamente mehr. Das war schon eine Umstellung.
Und jetzt geht vielleicht nicht mal nur kurz der Blutdruck hoch, wenn ich die vergesse, sondern ich richte dann durchaus Schaden am Organ an.

Am 24. November, nach meinen Termin beim Barbier …

Beim Barbier
Der Barbier hat ganze Arbeit geleistet

… ging es direkt nach Bad Heilbrunn auf Anschlußheilbehandlung.

In Bad Heilbrunn angekommen drehte sich erstmal alles um Corona, Schnelltest, Hinweis auf Maskenpflicht und Besuchsverbot.
Ich habe dort vom ersten Tag an jede freie Stunde genutzt um in Richtung Berge raus zu gehen. Ich wollte den Memory Effekt der Muskeln ausnutzen um schnell wieder zu Kräften zu kommen. Die sportlichen Anwendungen haben mich selbst erst dreieinhalb Wochen nach der OP nicht wirklich gefordert.

Am letzten Novemberwochenende, vier Wochen nach der OP, habe ich schon die ersten 450 hm am Stück Richtung Blomberg gemacht. Von Bad Heilbrunn aus ist das über den Stallauer Berg ziemlich weit zu laufen.

Ich darf bis sechs Monate nach der OP nur Forstwege gehen, da die Niere erst noch einwachsen muß.
Da bot sich der Blomberg als ersten Gipfel nach der OP sehr gut an.